Matthias Hartmann

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  • FÜR A.

    (&AUCH KATE BUSHS BERTIE &AUCH THE FOG)

    Aus dem unveröffentlichten Manuskript „Die Doppeldeutigkeit des Wortes Takt und der ganze Sternenhimmel, der in diesem liegt :Berührung“, dem ersten Teil der „Mediationen über Zuneigung“.

    Ausschnitt aus einer Reklame „Mr. Bubble“ Badeschaum (um 1980)


    DINOWESENKATZENHASENSPRINGPINGUINMONSTERFILM DELFINKREATUR :: das Badesalz der schäumende Schwamm wirklich dies ist mein Sprosz wie er gurgelt und gluckert und platscht und spuckt eine kleine Melodie (Lachmelodie) quasi una fantasia übern Rhythmus von patsch!it’s bath time für dich eine riesige Woge ein lustiger Tsunami und, nein, keine Ente, du bist’s quietschend zufrieden.


    fast schon ein Weltmeer; dies ist kein duftender Drogerieschaum, ich bitte Sie!, das ist ein blubberndes blubbriges Seeungeheuer, ein ganz anderes Kaliber. Jawirklich, ich bin ein Dummi! du hast Recht, das hätte man sehen müssen!, das hätte man! auf den ersten Blick hätte man! ich wiederlerne das erst durch dich, excusez-moi, durch Euch, Mademoiselle und Ihr seid eine freigiebige Großmeisterin Meisterseherin entdeckerin erkunderin Weltbeste im Prusten


    –übrigens Ist das Wasser noch warm? oder darf er Euch das Handtuch reichen? Frottee, Mademoiselle, darf er Euch darin einschlagen wie in eine Tortilla? wär es genehm? (und psst, Mademoiselle, darf er Euch abermals bitten, später die Zähnlein recht artig zu schrubben, dass Sie [sic] nicht ende wie der Vater schlechtbezahnt?)


    … „dich empfangen hieß etwas wagen“ (BBrecht), dass man also sagt, um dieses will ich mich sorgen und es ernähren schützen, obwohl man weiß :die Welt ist düster und ich bin arm.
    dir werden einmal Krallen wachsen müssen. du wirst flügge werden; ab dafür! Ich will dir nur sagen :es wird dort draußen kalt sein; pack dich gut ein!


    doch für den Moment habe ich dich in meine Welt gesetzt, in meinen Umkreis: das ist unsere Hütte, das ist unsre Schirm. du bist darin darunter zu Gast. Einmal muss ich dich entlassen in die Endzeit aber nicht jetzt, jetzt nicht, jetzt putzt du erst einmal deine Zähne!


    …Das teilen wir, dass wir nicht zufrieden sind mit den Zuständen. Das hast du von mir geerbt, den sturen Kopf. Du wirst das alles lernen müssen, das ist Übungsache :das gegen-Wände-Rennen, Klinkenputzen &wie sich das anfüllt : wenn einem die Hutschnur das Wasser


    missversteh‘ mich nicht. Ich will nicht, dass du dich gewöhnst; ich will nichts weniger, als dass du dich gewöhnst. wir dürfen uns nicht unterkriegen lassen. wir müssen ~fühlig bleiben~ und ~zum Platzen voll von Fantasie!~ wir dürfen nicht abhärten -stumpfen. bitte vgl. Dialektik der Aufklärung, Aufzeichnung und Entwürfe: Zur Genese der Dummheit!


    — doch, au weia!, du kannst noch gar nicht lesen. No job, too small geschäftsunfähig


    Zu jung für Kafka. Zu jung für den Schuldzusammenhang. [nachts 06./07.01]

    März 3, 2025
    #Horkheimer, Adorno, Beethoven, Brecht, Care, Dialektik der Aufklärung, Eisler, Eltern, Horkheimer, Kate Bush, Kreatives Schreiben

  • Schreiben üben: Einleitung (Teil 2)

    Lange bevor das Schreiben begann, in meinem Leben einen solchen Raum einzunehmen, dass ich nun nicht mehr umhinkomme, mich als Schriftsteller zu bezeichnen, war ich Musiker. Den Musikern*1 ist die Übung so selbstverständlich, wie den Sportlern* das Training. Wie viel weniger glamourös dieses Künstler*leben ist, als man meint! Stundenlang Tonleiter, stundenlang Arpeggien.

    Es ist erstaunlich, wie wenig im Vergleich dazu die Schriftsteller* über eine wahre Übungskultur verfügen. Es ist erstaunlich, dass man fürs Üben von Schreiben fast werben muss. Man stelle sich einen (vermutlich russischen) Klavierdozenten* vor, der seinen Studis davon erzählt, dass es sinnvoll ist, zu üben!

    Freilich ist es unter denen, die das kreative Schreiben studieren, sowie unter denen, die es lehren, bekannt, dass das Schreiben geübt werden will. Denn, was sollte ein solches Studium bieten, wenn nicht Übung, Übung, Übung und, nicht vergessen!, eine Menge Vitamin B? Doch man sollte es nicht unterschlagen: Die wenigsten Schreibenden sind studierte.

    Nehmen wir bspw. ihn hier: Er heißt Mark, 31 Jahre alt, und er arbeitet in einer IT-Firma. Seine Kollegen* wissen nichts von seinem Doppelleben. Bei Nacht wird er zum Autor, wie andere zum Vampir. In jeder Sitzung schreibt er zwei bis fünf Seiten. Das Manuskript ist schon auf 300 Seiten angewachsen. Bald ist der erste Band fertig. Die Reihe „Die Schwerter von Razumiguhl“, so meint er, wird sein Leben verändern. „Ich werde so berühmt sein wie George R. R. Martin“, flüstert er verträumt als er – es graut schon der Morgen und die Vögel heben an zu singen – ins Bett geht. Mark weiß nichts von Crauss und von Gertrude Stein. Mark weiß nicht einmal, dass man das Schreiben studieren kann.

    Zugegebenermaßen, was in dieser Serie folgen wird, vielleicht ist es für Mark ein wenig zu verrückt, vielleicht ist es für ihn nutzlos.  Aber wie soll er’s denn herausfinden, wenn er gar nicht dazu kommt, es zu versuchen?

    Ja, wir werden den Bereich dessen verlassen, was Mark gewöhnt ist und schon kennt. Wer mit mir durch die Aufgaben dieser Serie geht, wird es an der ein oder andere Stelle, nein, an den allermeisten Stellen mit Sprachdingen zu tun bekommen, die fernab von dem liegen, was eben so üblich ist. Ich bitte Sie, mitbringen Sie eine homöopathische Dosis Wahnsinn! Denn ansonsten, sorry, wird es mit uns nichts werden. Und würde das nicht auch Mark guttun, ein bisschen Spinnerei, ein bisschen weniger Konvention?

    Lassen Sie uns also ein wenig spinnert werden! Jedoch, dieser Wahnsinn erfordert Methode. Wir wollen sie uns eben von den Musikern* abgucken. Die sog. ambitionierten unter ihnen schaufeln sich Zeiten frei, nein, nicht für ihre „Kunst“, sondern bloß für ihre Übung. Manche schaffen nur 15 Minuten am Tag. Immerhin! Andere üben regelmäßig acht Stunden. Ein durch YouTube popularisierter Gag ist die Weisung, am besten übe man pro Tag 40 Stunden. Doch es kommt nicht so sehr auf den Zeitraum an. Vielmehr entscheidet die strukturierte und sinnvolle Nutzung der Übungszeit.

    Foto © 2013 Brian McMillen (Creative Commons BY-SA 4.0)
    Der virtuose Jazzschlagzeuger Tony Williams.
    „I used to practice eight hours a day, every day. From about 1956 until about 1962. It was a whole period in my life where nothing else was happening.“2

    Hierfür erarbeiten viele Musiker* konkrete Übungspläne. Dies kann ein Wochen- oder Monatsplan sein, oder aber nur ein Strukturvorgabe für eine einzelne Übungssession. Letztere könnte (vom jeweiligen Instrument und von spezifischen künstlerischen Zielen abstrahiert) folgendermaßen aussehen: Zuerst wird jeder verantwortungsvolle Musiker* Aufwärmübungen, warm ups, absolvieren. Das hier Geübte ist von relativ niedrigem Schwierigkeitsgrad. Es geht nicht darum, sich selbst von der eigenen Virtuosität zu überzeugen, auch nicht darum, etwas erklingen zu lassen, das nach „richtiger“ Musik tönt. Es geht wirklich, wie im Sport, um das physische und wohl auch geistige Aufwärmen, darum, den Körper an die oddly specific Anforderungen und Bewegungen zu gewöhnen, die die musica ihren Jüngern* abverlangt.

    Erst danach wird zur nächsten Phase fortgeschritten. Spezifische Techniken werden geübt, die ins Repertoire eingefügt werden sollen. Auch hier gibt es meist keinen unmittelbaren Hinblick auf ein spezifisches „Kunstwerk“. Es sollen einfach bestimmte Bewegungsabläufe einstudiert und ins Muskelgedächtnis permanent aufgenommen werden.

    Hiernach wird fortgeschritten zu tatsächlichen Stücken. Das Material für den nächsten Auftritt wird vorbereitet. Abschließend dann, nach diesen schlauchenden und konzentrierten Stunden, wird es gestattet sein, sich ein wenig zu vergnügen. Die Übungssession endet etwa mit einer freien Improvisation.

    Es versteht sich, dass alle Musiker* ihre eigene, regelrecht, Philosophie haben, wie ihnen das Üben am besten von statten geht. Die Übungspläne unterscheiden sich, nicht jedoch die Geplantheit der Übung. Wir wollen uns anschicken, einen ähnlichen Grad von Bedachtheit und Struktur für die literarische zu etablieren.

    Man wird sich also vorab folgende Frage stellen müssen: Wie viel Zeit kann ich täglich erÜBrigen? Wenn es nach mir geht: Kündigen Sie Ihren Job (Wahrscheinlich ist er sinnlos.), brechen Sie das Studium ab (Es wird Sie nicht verschläuern.), gewöhnen Sie sich an die Armut (Oder seid ihr schon per Du?) und schreiben Sie pro Tag viele viele Stunden! Sie finden das zu radikal? Na, dann müssen wir eben mit dem umgehen, was zur Verfügung steht.

    Ohnehin: Ich scherze nur. Das Essen will auf den Tisch gebracht werden. „Der Mensch lebt nicht vom Wort allein…“ – oder, äh, wie war das nochmal in der Bibel? Die kommenden Beiträge werden Anregungen für den literarischen Übungsplan bieten, ungeachtet dessen, ob er sich auf eine Viertelstunde oder auf 40 pro Tag erstreckt. Aus den von mir vorgestellten Aufgaben wird sich jeder aussuchen können, was sinnvoll erscheint und ins bereitstehende Zeitpensum passt. Wichtig ist zuerst einmal nur, dass die literarische Übung als solche bewusster Teil des Tagesablaufes wird.

    AUFGABE 1

    Beantworten Sie die folgenden Fragen. Erstellen Sie ein Dokument oder nehmen Sie Ihr Notizbuch zur Hand. Tragen Sie Ihre Antworten darin ein.

    —Ich freue mich über alle, die ihre Bearbeitungen mit mir teilen! Nutzen Sie hierfür bitte die Kontaktmöglichkeit dieser Website.—

    • Welchen Zeitraum kann und will ich mir für die literarische Übung (bestenfalls) täglich freihalten? Insb. welchen Anteil meiner üblichen Schreibarbeit (so vorhanden), meinem Werkeln am „Werk“, möchte ich zukünftig der Übung überlassen?
    • Welche Bedingungen muss ich schaffen, um diese Zeit konzentriert nutzen zu können (bspw. Kinder aussetzen, Hund erschießen o. Ä.)?
    • Kenne ich bereits literarische Übungen, die ich auf jeden Fall in meinen Übungsplan integrieren will?
    • Kenne ich persönlich beeindruckende „Über*“ (Sportler*, Musiker*…)? Was kann ich von Ihnen lernen? Wie gestalten und strukturieren sie ihre Übungszeit?
    • Was kann ich tun, um nicht den drive zu verlieren? Was hilft mir, am Ball zu bleiben, auch an einem schweren Tag?

    1. Zu meinem sprachlichen Umgang mit gender in diese Reihe: siehe Fußnote 1 des Beitrags „Schreiben üben: Einleitung (Teil 1)“. ↩︎
    2. Zitiert nach: John Riley. (1994). The Art of Bop Drumming. Van Nuys: Alfred, S. 15. ↩︎

    Februar 26, 2025
    Üben, Kreatives Schreiben

  • Schreiben üben: Einleitung (Teil 1)

    Vielleicht wird man als Poet*1 geboren. Ich weiß es nicht. Vielleicht wird der „wahre“ Schriftsteller* Schriftsteller* bloß durch Gottes Güte, Voraus- und Nachsicht. Doch ich verstehe nicht viel von Gott. Ich kenne nicht mal seine*2 Schuhgröße.

    Vielleicht braucht es einen unbedingten Glauben – bspw. an die eigene Fähigkeit. Aber ich habe keinen Glauben und ich weiß weder, wie es dies-, noch wie es jenseits kommen wird. Sogar, es ist meiner Meinung nach gänzlich ungewiss, ob die Sonne morgen wieder aufgehen wird. Ich weiß nur, was ich hier und jetzt tun kann: Ich kann, und ich werde, diese Seite füllen. Für den Moment ist das genug.

    Friedrich Nietzsche schrieb manches, woran ich mich erinnere. Es erschien mir gut gedacht und noch besser gesagt. Daher entschied ich mich dagegen, es zu vergessen. So behielt ich den Aphorismus „Werke und Glaube“ aus der „Morgenröthe“ (1881): „Immer noch wird durch die protestantischen Lehrer jener Grundirrtum fortgepflanzt: daß es nur auf den Glauben ankomme, und daß aus dem Glauben die Werke notwendig folgen müssen. Dies ist schlechterdings nicht wahr, aber klingt so verführerisch […].“

    Sokrates, Platon, Luther, so schreibt Nietzsche, ließen sich „betören“ von dem Glauben an den Glauben, „obwohl der Augenschein aller Erfahrung aller Zeiten dagegen spricht“. Denn: „Das zuversichtlichste Wissen oder Glauben kann nicht die Kraft zur Tat, noch die Gewandtheit zur Tat geben, es kann nicht die Übung jenes feinen, vielteiligen Mechanismus ersetzen, welche vorhergegangen sein muß, damit irgend etwas aus einer Vorstellung sich in Aktion verwandeln könne.“

    Lassen wir’s also sein mit dem Glauben, den Eingaben, der Inspiration! Merkst du nicht, wie wir leichter werden, ohne all den überirdischen Ballast? Wie gut es ist, dass wir nicht auserwählt wurden! Denn es verdirbt den Charakter, the chosen one, ein Wunderkind zu sein. Und es leiden die Augen, wenn man zu lange in den Himmel starrt. Haben wir uns nicht langsam sattgesehen an diesem leeren fahlen Blau? So bescheiden ist dagegen das Weiß des Papiers. „Bleibt mir der Erde treu!“ (Zarathustra, Von der schenkenden Tugend.) Unsere Erde, worauf Wunderblümchen wachsen, ist chlorfrei gebleicht. Sie entspricht der DIN-Norm.

    Kurzum: Der Schriftsteller* braucht nicht an sich selbst und auch nicht an Gott zu glauben, nicht an die Ideen, die Musen oder an sonst welche unanständigen Dinge. (Arno Schmidt sagte: „Ein guter Schriftsteller darf weder haben Freund, noch Vaterland, noch Religion.“) Er braucht nicht zu beten und auch nicht zu meditieren. Er braucht (old skool) einen Stift, etwas zu essen und ein Blatt Papier.

    Nietzsche beendet seinen Aphorismus über „Werke und Glaube“: „Vor allem und zuerst die Werke! Das heißt Übung, Übung, Übung! Der dazugehörige ‚Glaube‘ wird sich schon einstellen, – dessen seid versichert!“ Ein Zitat, welches man sich ins Notizbuch, besser noch hinter die Ohren…

    Fortsetzung folgt.

    *****

    1. Note on gender: Diesbzgl. halte ich es in dieser Serie mit Crauss, auf dessen Werkbücher ich in den folgenden Beiträgen zu sprechen kommen werde: „Das Sternchen benötigt keine weiteren Anhängsel […]. In unserem Beispiel würde dann aus dem Trucker eine/e Trucker*in. Mal ehrlich: Erstens haben wir da plötzlich einen hässlichen Beamtenschrägstrich, und zweitens kriegen wir jetzt von der Butch eins auf die Fresse, denn sie ist weder ein männlicher Trucker noch eine Trucker-in, richtig? […] Einfaches Sternchen für alle denkbaren Geschlechter und fertig.“ (Crauss. (2022). „Unkreatives Schreiben. Die ganze Welt ist Text.“ Berlin: Dreiviertelhaus.) ↩︎
    2. Ja, dabei mache ich auch vor Gott nicht halt. ↩︎

    Februar 25, 2025
    Arno Schmidt, Crauss, Kreatives Schreiben, Nietzsche

  • In alten Hallen

    Das Gedicht „In alten Hallen“ stammt aus dem unveröffentlichten Dada-Dossier „Die hauptsächlichen Achsen“.

    „Der Künstler verzweifelnd vor der Größe der antiken Trümmer“
    von Johann Heinrich Füssli (1741-1825)

    *****

    In alten Hallen

    Alles ist so schrecklich

    groß.

    Februar 24, 2025
    Dada, Gedicht, Geschichte, Kunst, Lyrik, Tradition

  • Um den die Welt sich dreht

    Das Gedicht „Um den die Welt sich dreht“ stammt aus dem unveröffentlichten Lyrik-Manuskript „Etwa 10000 Gedichte“.

    Katze mit erbeuteter Echse. Detail aus dem linken Flügel Hieronymus Boschs Triptychon „Garten der Lüste“ (etwa 1490-1500).

    *****

    sanfter Tyrann
    weicher Diktator
    um den die Welt sich dreht


    der Morgen ist dann
    wann Du ihn bestimmtest
    als Morgen,
    Ende der Nacht
    wann, Kater, du krähst.


    show no mercy
    deine ameisenstarken Kiefer
    zermalmem, Allverzehrer,
    das hartgetrocknete Fleisch.


    die Engel im Himmel applaudieren
    deinem Stoffwechsel.

    Februar 20, 2025
    Gedicht, Katze, Lyrik

  • abermals verwundetes Tier

    Die Kurzgeschichte „abermals verwundetes Tier“ stammt aus dem unveröffentlichten Manuskript „Die Doppeldeutigkeit des Wortes Takt und der ganze Sternenhimmel, der in diesem liegt :Berührung“, dem ersten Teil der „Mediationen über Zuneigung“.

    Zwergpinguin, fotografiert von Geoffrey Buddle, etwa 1906.
    Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa

    abermals verwundetes Tier das man nehmen, waschen muss, pflegen sorgen wärmen bis die Angst in den Augen zerschmilzt. noch durchschimmern die Rippen und es zittert ich zittre wir zittern. wie angenehm wäre ein Kamin, Geld für die Heizung, zumindest ein Teekessel ein regelrechter Samowar… welchen Samowargedanken ich anderthalb Stunden träumerisch durchwalke/walke und erst als Es ansetzt zu verlautbaren,werde ich seiner, also des Tieres, wieder bewusst.

    beinah ein Frühchen. Was ist das für ein klitzekleines Leben, das sich in die Decke flüchtet? Ein Meerschweinchen Hamster, eines dieser Häschen, aus ihrem Gefängnis entkommen? (Eure Menschinnen haben euch allein gelassen und ich höre nachts, wie ihr an dem Gitter reißt.) Bei genauerem Besehen eher ein Kitz-, nein Kätzlein? oder vielleicht ein horse, a bear in the beginning benannt? doch ich kenne den Namen nicht, den irgendein Adam ihm gab.

    jedenfalls Andere sind etwa in Los Angeles, während ich dahocke mit diesem Tier-Ich. Wirklich, diese Augen: du bist genauso da. du bist fast mein Spiegelbild.

    Langsam gewöhnen wir uns aneinander. „Du“, so spreche ich : „bist.“ Ich nicke zufrieden, dann fällt mir ein : aber wie unfreundlich! und ich setzte eilig hinzu: „bitte entschuldige, dass ich wie ein Existentialist klang! Außerdem entschuldige, dass ich keinen Tee…“ Jedoch das Tier ist ganz unempfänglich in seiner Verstörung und spitzt kaum hervor.

    alles versuche ich, zuerst Musik; Someone to Watch Over Me will es nicht. auch keinen Wein kein Brot keinen Honig. die Butter? … die Butter? doch wir trauen uns nicht… Wir müssen wieder unter die Decke! fortversteckt vor der Welt. Du hast Recht; wir müssen schlafen. Bis morgen wenn der Herrgott kräht!

    Doch der Morgen bringt ausgefallene Fellbüschel und triefende Augen. schau uns an, wie kläglich gerötet, wie krank, so bei Licht besehen, liebesTier. Ich werde darum den Arzt anrufen. — Wie?aber – was er mich fragt!, was für ein Tier?! „Ich bitte Sie, ich weiß es nicht… Was für ein Tier bist Du? Entschuldigung sind Sie?“

    &auch beim nächsten :Unglück, und beim nächsten usf. Wenn man nicht wisse, welche Spezies, könne die Kartei nicht regelrecht aufgenommen, dadurch nicht ordnungsgemäß prozediert werden resp. im finanziellen Sinne, im Hinblick auf das geltende Recht, sowie auf in Frage stehende Versicherungspolices etc. pp.

    Das müssen wir einsehen. Das ist nachvollziehbar. So müssen wir nun sterben.

    — In Anbetracht des Todes, darf ich mich dazulegen unter diese Decke? Frieren wir immer noch? wir frieren mehr denn je. Wenn wir bloß einen Teekessel oder zumindest ein Feuer ein Feuer ein Feuer vielleicht Gott?

    Nein, es lohnt sich nicht mehr! wir müssen uns aneinanderschmiegen! Darf ich bspw. meinen Kopf hierhin legen? … Bald kommt schon der Frühling, aber für uns ist es zu spät. wir können nur noch tiefer uns in Wolle begraben und es ist ganz dunkel.

    Aber wir haben jetzt keine Angst mehr Wir hatten nie Es gab niemals so etwas wie Was meinst du damit :Angst? [03.01.]

    Februar 9, 2025
    Care, Deleuze, Existentialismus, Kafka, Kreatives Schreiben, Kurzgeschichte, Prosa

  • ‘tis Jazz

    Monk mit Perserkatze (Foto: Pannonica de Koenigswarter)

    AUCH IN MEMORIAM SVETLANA BOYM

    [1] Mensch wird Tier. Tier wird Mensch. Den Swing lernten wir aus dem Gang der Katzen. Wir leihen einander unsere Stimmen. Wir tauschen uns aus zwischen den Spezies, mit Vögeln, Wölfen, den Hunden. Mein Saxophon ist Löwin. Mein Saxophon ist Schlange.

    [2] Wir sind nicht allein. Wir sind zusammen (bspw. auf der Welt).  Das ist Jazz, dass wir zusammen sind, -halten, einander zuhören, uns Raum geben. Das ist Jazz, die gegenseitige Hilfe, die Community offline.

    You Can Depend On Me. Hast du einmal kein Geld, ich leih es dir. Ich kenne dich noch, wenn du bist down and out. Ich vergesse dich nicht.

    [3] Das ist Jazz, wie wir uns verwandeln. Wir können unsere Geschichten immer wieder auf eine andere Weise erzählen. Wir können uns immer wieder neuerfinden. Wir dürfen, müssen uns verändern, stets neu lernen, zu sprechen,  zu hören, miteinander zu leben und zusammenzuspielen.

    [4] Das ist Jazz, dass wir Fehler machen. Schau!, in meiner Hand liegt mein Fehler und er ist eine schöne Blume.

    [5] Alles berührt sich, geht ineinander über. Alles fließt. Die Stimme wird Instrument. Das Instrument wird Stimme.

    [6] kühl. heiß. Doch bitte nicht lauwarm! Das ist Jazz.

    [7] dass wir krank sind und/oder versehrt und/oder arm und/oder einsam und/oder süchtig und/oder heruntergekommen und/oder man kommt schon gerade zurecht, aber das Wasser steigt. Das ist Jazz, dass wir uns das teilen (the Blues).  

    [8] Das, also dieser Augenblick, ist Jazz. Wir stolpern, fallen darein. Die Zeit zerreißt (Ragtime). Uns klimpertanzt nurmehr Fantasie als wir im Traum durch den Warm Valley schreiten.

    [9] Wir werden erschallen. sind mehr, als unsere Körper. sind ein erschütternder Laut. Wir verklingen, doch nicht ungehört. Wir sind nicht tot, solange ihr euch noch erinnert.

    Da liegen tausend Herzen aus funkelndem Schellack. Da schallen hunderte Seelen durch hundert Jahre. (Der ferne Klang, eine unerwartete Vertrautheit.)

    [10] synkopiert! Und das Ziffernblatt zerbricht. Wir funken dazwischen. Das ist unser Moment. Now’s the Time. Das ist

    [11] Jazz. Der aufregende Umweg, der fernliegende Gedanke, der Ausflug in einen Gegenrhythmus, das unerwartete Zitat.

    [12] Zwischen den Tönen liegt eine ganze geheime Welt. Hör genau hin! Ein versonnener Wimpernschlag, ein Lächeln, eine Erinnerung, ein klarer Schluck Licht. Das ist Monk.  

    [13] Mindestens 300 bpm. Der Bläsersatz schmettert, schwirrt um unsere Ohren. Diese Geschwindigkeit überschreitet alle Grenzen, glättet alle Kerben. Die Taktstriche zergehen. END FRONTEX NOW! Das ist Jazz.

    [14] Tomorrow = the Question!  Denn, huch!, morgen ist schon da. Unsere Utopie ist schon da. Sie ist dieser sound, der durch die Wüste donnert.

    [15] for alto  Schau, die gestempelten Körper! Wir waschen die Tätowierungen, die scharlachroten Zeichen fort von der Haut. Wir entledigen uns der Klötze, die ihr an unsere Beine gekettet habt. Das ist Jazz.

    [16] Wir sind „real“. D. h. wir müssen essen und trinken.

    [17] Satch Dieser Humor, dieses Lachen beswingt. Nicht hämisch, nicht abgebrüht. Wir lachen, weil wir am Leben Spaß haben, dankbar, dass wir frei sind für einen Moment, dass wir die guts haben, auszuscheren. Wir entdecken das Lachen-trotzdem, eine humorvolle Solidarität, die uns am Leben hält.

    [18] Der kleinste Wink genügt. Wie wir uns kennen, vorhersehen, erraten! Wir können völlig frei kooperieren. Wir schließen uns zusammen, we lock in, wir entfernen uns voneinander, doch wir verlieren uns nicht.

    [19] Taking a Chance on Love oder Ein glücklicher Zufall  während die Welt bis zum Ende durchgeplant ist. Doch wir haben smart luck, wir sind bereit für das Glück, das Chaos, die Schönheit. Expect the unexpected! Wir öffnen uns und unsere Fantasie rankt zum Himmel.

    [20] Sieh in die Fläche deiner Hand! Jazz, diese Furchen, die Spuren, die die Musik auf dir hinterließ. Jedes Mal, wenn wir Musik hören, machen, verändert sich der Leib. Gewiss, when you hear music, after it’s over, it’s gone in the air. You can never capture it again (Dolphy). Doch der Körper erinnert sich. Wir stiegen in den gleißenden Fluss, kamen verändert heraus. Die Musik ist fort, aber die Schwingungen durchzucken noch das Fleisch, schreiben es um, das Leben. Das ist Jazz.

    Februar 2, 2025
    Eric Dolphy, Gilles Deleuze, Kropotkin, Louis Armstrong, off-modern, Ornette Coleman, Thelonious Monk

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