Matthias Hartmann

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  • Krächzend morgens als ich auf die Wiese trat (rework) oder vom Brand eines Landgutes bei B.

    Krächzend morgens
    als ich auf die Wiese trat
    da Krabbelvieh bloß war
    und der alte Hof –

    das wurde alles längst nicht mehr bewirtschaftet.

    Gestöber nur, feuchter Reisig,
    Welt ward Halde, Hut ward,

    -- und nun sieh das Feuer,
    das Feuer,
    das Feuer!

    zwischen dem Weiher,
    der Scheune, der Weide,
    in jener Hirtenwiesen-, Grußkartenansicht
    wo Heuballen schlummerten,
    und vormals Rosenblätter träumten
    von Füßen nackt im Gras,
    Akelei vor der Welke...

    Ach, Kindskopfdickicht!,
    lieber Winkel, Ofenwinkel bargst uns,
    verbargst uns, abseitiger Erker,

    in Nischen versteckt,
    oder da, unterm Küchentisch,
    hatten wir uns eingeräumt,
    im Unterholz, im Wurzelwerk,
    das jetzt versengt daliegt.

    So bleiben wir schutzlos
    vor Welt, dem bösen Licht,
    den Blitzen, Böen,
    dem makel-, dem gnadlosen Wind.

    Die auf uns blicken tragen weiße Zähne, Haut und Hüte.
    blasse Männer waren‘s, die uns verbrannten,
    aus unseren schönen Höhlen trieben,
    und riefen „ausgeträumt!“

    (Dass einer entsteinerte ihre Herzen…
    Herr, lass Weichheit regnen!)





















    September 3, 2025

  • Windeseilig again

    WINDESEILIG HURTIG
    SO HALS, SO ÜBERKOPF
    DAS HERZ, KINDESHERZ, VERRANNT,
    VERNARRT,
    WIE IN EINEN SCHMETTERLING
    VERLIEBT ODER BLUMEN.

    ZIKADENHERZ, WAS ZIRPST DU?

    Juli 2, 2025

  • Heute Nacht wie ich träumte

    HEUT NACHT WIE ICH TRÄUMTE

    OHNE RAUCH UND WEH

    TRÄUMTE,

    DASS ICH ANDERS ERWACHE

    GLASKLAR, GEBESSERT.


    HEUT NACHT WIE ICH TRÄUMTE

    OHNE RAUCH UND WEH

    Juli 2, 2025
    Gedicht, Lyrik

  • Der Wein ist lang vorbei

    DER WEIN IST LANG VORBEI
    DAS LIED, DAS ICH SANG,
    DIE VÖGEL, DIE LAUTE, DIE LAUTEN

    DER WEIN IST LANG VORBEI,
    DIE LEIER
    .

    Juli 2, 2025

  • Objet trouvé Lautgedicht

    Mit lieben Grüßen aus Sizilien!
    März 26, 2025
    Lautgedicht, Objet trouvé

  • der utopische Hund

    Lenin mit Hund in Gorki
    (Russiche Postkarte. Quelle: ebay)

    der utopische Hund

    wenn wir hielten einen Hund!, ein -chen, chien, nein, Biest besser! mit krausem Fell, wilde böse Zähn‘ pp. ein Vieh! Das schöben wir zwischen uns und, lawd!, die allzu lange Nacht, das uns bedrückende Heer.

    Hund!, der du wachtest kläfftest an den Pforten if we had Pforten, am Tor des Gartens if we had wachtest Tomaten, dem Rhabarber if we had…

    solch Tier, ausnahmsweis‘ ein Friede; wenn etwan wir gingen wo Tauben Wiesen Hecken und es wäre ein Tag, der hieße Sonntag; Holler blühte Eden wir schliefen.

    So schön wären unsere Sommer, keine Klepper im Busch; Schlauchboot- Tretbootsommer; ja, Trinkhalmsommer, die Kinder auf dem Zeltplatz. Aber, honey, world gone wrong Tourismus und jetzt :der Wald brennt.

    Nur noch ein Hund kann uns retten. er stiege aus dem Wasser, ausschüttelte das Fell, löschte alle Brände.

    März 16, 2025
    Bob Dylan, Donna Haraway, Heidegger, Jesus, Lenin, Louis Armstrong, Struppi

  • den Sternen zum Gedächtnis

    aus dem Manuskript „Idyllen“ (aktuell in Arbeit)

    Frühe Astrofotografie (Orionnebel) (1880/82) von Henry Draper
    (Hastings Historical Society)

    ***

    den Sternen zum Gedächtnis

    Bernsteinsaat,
    das Beet Diamanten,
    Strahlenwasserfälle, die prangenden Robinien,
    ein Feld flackerte Kerzen, immergeile Ampeln
    in schwarz- und schwärz’ren Locken
    lichtübervoll.

    So lagen Anger und Rodelhang,
    die Spielwiese,
    wo Götter Kinder spielten,
    Götterbälger balgten,
    Blagen toll, wie Kirschen kühn
    und eitel wie die Rosen;

    derweil, ungerührt
    ihr Vater himmelhoch und higher,
    lallte wie Leiern
    und Mondschein aus Karaffen soff,
    selbstverliebt weltvergessen,
    Süchtiger in Räuschen.

    Lieber neige ich den Blick,
    das Haupt zu dem Boden!
    Morast will ich schauen,
    Wurzeln, schöne Würmer.

    Die engelshaarigen Bälger,
    Himmelskinder wurden alt;
    sie starben mit der Zeit,
    verglühten.

    „Ich bins [sic]
    zufrieden.“

    ***

    angeregt von der Arbeit mit Gryphius' "An die Sternen".
    Das Zitat am Ende des Textes ist eine Anspielung auf Brechts Gedicht "Laute".
    März 12, 2025
    Brecht, Gedicht, Gryphius, Lyrik, Sterne

  • Schreiben üben: Warm up! (1)

    Outdoor Gymnastik der Kinder (wohl 19. Jhd.)
    (Quelle: Wikicommons)

    „[Die] Muskeln der Kreativität entstehen durch gewissenhaftes Training, durch die Bereitschaft, neue Reize (oder […] Grenzen) zu setzen, die den Muskel anstrengen und fordern“, so Crauss in seinem Werkbuch „Unkreatives Schreiben“. Ich will die Metapher von der Kreativität als Muskel ernst nehmen (zu ernst).

    Müssten wir uns nicht hüten vor allerhand Verletzungen am für uns lebenswichtigen Poesiezentrum, das vermutlich liegt zwischen Hypodings und irgendeinem lobe? Überdehnungen und Zerrungen, gar Faserriss und Schlimmeres drohen, das lese ich online nach über Sportverletzungen durch mangelhaftes Aufwärmen.

    Als erstes will ich daher für den Übungsplan (s. letzter Beitrag dieser Reihe) ein warm up vorschlagen. Ich zweckentfremde dafür die sog. écriture automatique.

    André Breton abgebildet von Man Ray
    Druck nach Fotografie mit Ray-typischer Solarisation, 1928
    (Quelle: Google Arts and Culture)

    Qu’est-ce que c’est? Ich will mich auf das Nötigste beschränken, indem ich anmerke, dass die écriture automatique, das „automatische Schreiben“, auf die surrealistische Literatur zurückgeht, insb. auf ihre literarisch-technische Aneignung von Überlegungen der frühen Psychoanalyse. Es fällt mir schwer, nicht von Breton und Freud zu schwafeln, doch will ich hier nur sagen, dass das automatische Schreiben ein Schreiben ohne Absetzen ist, ein möglichst ununterbrochenes, sodass Hand und Hirn stets in action sind. Dieses Vorgehen soll leisten eine Hinabfuhr der Eigenzensur, uns das Zaudern austreiben. Durchstreichen verboten! Der Text ist, was er ist. Dieses Vorgehen wird klarer, indem ich einige Varianten davon vorstelle:

    AUFGABE 1: Rawdogging l’écriture

    —Ich freue mich über alle, die ihre Bearbeitungen mit mir teilen! Nutzen Sie hierfür bitte die Kontaktmöglichkeit dieser Website.—

    Nehmen Sie ein Blatt Papier und einen Stift zur Hand. Stellen Sie sich einen Timer auf zwei Minuten. Schreiben Sie bis der Timer abläuft in Stille (keine Musik etc.) und ohne Absetzen. Grammatik, Rechtschreibung, Sinn: das ist jetzt irrelevant. Schreiben Sie alles, was ihnen einfällt auf, mögen dadurch auch Gedankengänge ge- oder zerstört werden. Hier gilt wirklich: Anything goes! Das Ziel ist kein „kohärenter“ Text. Das Ziel ist keine hohe Poesie, Hölderlin, Hexameter pp. Versuchen Sie, den inneren Kritiker* abzustellen und sich nicht selbst zu zensieren.

    Und — was war das für eine Erfahrung? (Weiter unten finden Sie Reflexionsfragen zu den Aufgaben.) Tat die Hand schon weh? Wer neu mit dieser Schreibtechnik umgeht stößt vielleicht auf manche Schwierigkeit. Die Selbstzensur lässt sich nicht per Knopfdruck ausschalten. Und manchmal bleibt der Kopf mehr oder weniger blank. Bspw. fand ich unter meinen Notizen diesen alten Text:1

    „ZERKRACHT zerdoingt UPS FUTSCH hinterher ist man immer schlauer. Nein. Es ist nicht wahr. Man lernt nichts. Man bleibt immer gleich dumm wird dümmer bis man ddddjddjdjdjdjdjdjdjdjd

    Entschuldigen Sie, das war die Katze. Sie ist manchmal vergesslich oder übersieht, dass sie ihre Krawatte nicht richtig zugezogen…

    Komm her, mein Darling, ich werde dir helfen. Lass mich doch, beschwere dich doch nicht, du seist sogleich entmannt. Vielmehr würde es nicht deine Manneskraft und die Weite deines Herzens eher zeigen, wenn du mich an dich also äh ranlässt, sodass ich das besagte Krawättlein?

    Aber aber! Da brauchst du noch nicht gleich so grob werden. Also ein solcher Haudegen neinvielmehr eben Grobian oder äh

    Ja, danke für Nichts. Ade. A B C“

    Katzen können gar nicht schreiben. (Quelle: picryl)

    Dass meine Katze „ddddjddjdjdjdjdjdjdjdjd“ schrieb ist glatt gelogen. Ich war’s, denn mir fiel nichts anderes ein. Am Ende des Textes wird meine Frustration explizit: „Ja, danke für Nichts. Ade. A B C“. Bei der écriture müssen wir zuweilen mit solchen Ergebnissen rechnen.

    Es ist also normal, falls Ihr erster Versuch des „automatischen Schreiben“ eine Anreihung ist aus „ah Hilfe!“ und „die Seite ist leer &mir fällt nichts ein“. Wir versuchen es einfach nochmal!

    AUFGABE 2: écriture mit Musik

    Wiederholen Sie Aufgabe 1. Anstatt einen Timer zu stellen, geben Sie sich durch ein Musikstück einen Zeitrahmen. Das gewählte Stück sollte nicht zu lange sein. Einen ganzen Sinfoniesatz?! Das wird Ihre Hand nicht mitmachen.

    Und: „Wollt ihr noch eine Fahrt??“

    AUFGABE 3: écriture mit Musik again

    Wiederhole Aufgabe 2, doch wähle diesmal eine andere, möglichst verschiedene Musik (bspw. langsam / schnell, instrumental / mit Gesang, eher akustisch / eher elektronisch…).

    Die écriture automatique kann schlauchend sein. Ich gestehe : für dieses warm up bräuchte man glatt ein warm up. Ich hoffe, Sie haben noch Energie für die obligatorische Reflexion?

    AUFGABE 4: Reflexion

    1. Erstellen Sie ein Dokument um dort Ihre automatischen Texte zu sammeln. Schreiben Sie Ihre Texte darein ab. Behalten Sie Rechtschreibfehler usf. bei und versuchen Sie in der digitalen Abschrift, den ursprünglichen Textfluss (Zeilenumbrüche usw.) zu erhalten. Nutzen Sie dieses Dokument für die Sicherung aller zukünftigen écriture-Stücke.
    2. Lesen Sie Ihre Texte nochmals und beantworten Sie anschließend (gerne auch schriftlich) folgende Fragen:
    • Welche Schwierigkeiten begegneten mir bei meiner écriture automatique (bspw. Einfallslosigkeit, fortbestehende Selbstzensur, Ablenkung)? Wie könnte ich diese Schwierigkeiten überwinden?
    • Was kann ich aus diesen Texten über mich selbst lernen?
    • Welche Unterschiede lassen sich feststellen zwischen den verschiedenen Versuchen (auch im Hinblick auf mit/ohne-Musik bzw. das Schreiben mit verschiedenen Musiken)?
    • Gibt es zwischen den Texten Überschneidungen (bspw. thematisch, bestimmte Stilmittel, Wendungen, Motive)?
    • Was mag ich an den Texten (bspw. bestimmte Formulierungen, den Ton, ein Bild, ein Thema)? Kann ich Teile meiner écriture in anderen Texten wieder aufgreifen? Oder als Ausgangspunkt für neue Texte verwenden?
    • Wo irritiert mich vielleicht das von mir Geschriebene (bspw. ungewollte, vielleicht unangenehme Assoziationen oder Gedankengänge, bedrückende Bilder, Vulgarität)?
    • Welche Variante dieser Übung möchte ich in meinen literarischen Übungsplan integrieren? Und wie? (Bspw. Zielsetzung = eine écriture pro Tag. Ich selbst versuche drei.)

    1. Entgegen meines üblichen Vorgehens beim automatischen Schreiben wurde dieser Text am Computer verfasst. ↩︎

    März 9, 2025
    André Breton, automatisches Schreiben, écriture automatique, Breton, Crauss, Kreatives Schreiben, Surrealismus

  • afternoon in Bayern

    aus dem Manuskript „Idyllen“ (aktuell in Arbeit)

    Zusammenfluss von Lech und Wertach (Wikicommons)

    afternoon in Bayern

    [i]

    die Rentner hocken Kirchgangsklamotte
    unter Linden beweizt und Kirschtorte Marie
    mit dem kurzen Top den Locken
    dem tollen Busen dem roten Velo

    beim Gesträuch die lesenden Frauen
    die kleinen Hunde und die Städterin samt Glockenhut,
    samt der gelben Schuh‘, samt ihres Sommerfrischlers, daselbst ihr Münchner,
    müder Mann, Sonntagsfahrer im Anzug.

    dagegen die Loden der Trachten,
    bierseelige Herren auf den Bänken
    vor der Kolonie der Hecken die Mädchen
    mit den Lippen das Licht

    zitron der linde Lech.
    [ii]

    so weise ich auf Weiden dahinter:
    bergeglänzender SeeGott ist groß
    (im Hinblick auf die Gipfel)

    F. nickte usf. die Sonnen
    ihr leichtes Kleid und wie das Licht in dem Stoff…!
    die Gedanken in Schleiern derweil Marie,
    Trunkene im Frühling, tanzt unter Wipfeln.
    [iii oder plötzlich]

    die Männer d. i. das Grölen
    d. i. das Sabbern als der Gecke
    Wind den Rock, Geschmeide, hebt

    und fortan sie hieß Marilyn-Marie,
    welche rot von Suff und Scham.

    [NACHTRAG: triste Lachen in den Gläsern. F. spricht von den „Herren“, derselben Lechzen aufs junge Ding: „Wie alt? Ich sage 18 max. Und noch der Opa im Rollstuhl hatte nen Ständer.“]

    März 8, 2025
    Bayern, Gedicht, Idyllen, Kreatives Schreiben, Literatur, Lyrik

  • Mai

    Heinrich Heine, gemalt von Moritz Daniel Oppenheim (1831)

    Mai

    Es ging schon schlechter.

    Zumindest die Knospen!

    März 4, 2025
    Dichterliebe, Gedicht, Heine, Heinrich Heine, Im wunderschönen Monat Mai, Junge Literatur, Literatur, Lyrik, Robert Schumann, Schumann, Uri Caine

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